In Episode 182 des IoT Use Case Podcasts spricht Gastgeberin Ing. Madeleine Mickeleit mit Falk Recknagel von AIRCO Systems GmbH und Udo Richter von EXOR Deutschland darüber, wie AIRCO digitale Services für Stickstoff- und Druckluftsysteme entwickelt – basierend auf der skalierbaren IoT-Plattform von EXOR. Im Fokus stehen die intelligente Vernetzung von Bestandsanlagen (Brownfield), maßgeschneiderte White-Label-Lösungen und die partnerschaftliche Umsetzung CO₂-neutraler Produktionskonzepte.
Folge 182 auf einen Blick (und Klick):
Digitale Services für Stickstoff- und Druckluftsysteme: AIRCO setzt auf EXOR-Plattform für skalierbare IoT-Lösungen
In dieser Podcastfolge zeigen AIRCO und EXOR, wie aus klassischen Maschinen datenbasierte Services entstehen – für Effizienz, Verfügbarkeit und CO₂-Einsparung in der Produktion. AIRCO digitalisiert seine Anlagen mit Hilfe der offenen X Plattform von EXOR, die von der Hardware über VPN bis zur Visualisierung alle Bausteine bereitstellt.
Die Herausforderung: Viele Anlagen im Brownfield, unterschiedliche Steuerungen und hohe Individualität je Kunde. Die Lösung: Ein interoperables System mit über 200 Protokollen, das Daten aus Altanlagen ausliest, analysiert und in individuelle Dashboards überführt. Die Kunden erhalten so Auswertungen zur Energieeffizienz, Condition Monitoring und CO₂-Bilanz – dokumentiert und einsatzbereit.
Besonders spannend: AIRCO bietet die Services als White-Label-Lösung an – mit eigenem Branding für OEMs und Endkunden. Dabei stehen einfache Einstiegsszenarien im Fokus, die modular wachsen können. EXOR liefert nicht nur Technik, sondern auch Best Practices und vorgefertigte Applikationen für den schnellen Go-live.
Diese Folge richtet sich an OEMs, Betreiber und Digitalisierungsverantwortliche, die smarte Services auf bestehenden Maschinen realisieren und ihren Kunden echten Mehrwert bieten wollen.
Jetzt reinhören – und erfahren, wie aus IoT-Projekten marktreife Serviceangebote werden.
Hallo, liebe Freunde des IoT. Wie wird eigentlich aus einer klassischen Anlage, beispielsweise einer Stickstoffanlage, ein digitaler IoT-Use-Case mit echtem Mehrwert für Energieeffizienz und Service? Und wie lassen sich damit vielleicht sogar CO2-Einsparungen nachweisen? Heute mal ganz ohne Buzzwords, damit wir uns das praxisnah anschauen können. Dafür habe ich mir die Firma AIRCO , genauer gesagt AIRCO Systems, eingeladen. Ein spannender Mittelständler aus Oberursel im Taunus. Hier dreht sich alles um Stickstofferzeugung, Druckluft und Sauerstofferzeugungstechnik. Uns interessiert natürlich: Was macht ihr konkret mit IoT? Welche Daten liefert so eine Anlage? Was lässt sich daraus machen? Und welche Herausforderungen gibt es bei der Datenintegration – etwa in andere IT-Systeme – oder auch bei der Datenaufnahme?
Dafür habe ich heute Falk Recknagel eingeladen. Er ist bei AIRCO Systems und bringt digitale Services in die Druckluft- und Stickstofftechnik. Und Udo Richter ist ebenfalls dabei. Er arbeitet bei EXOR Deutschland und liefert mit EXOR die IoT-Plattform, auf der diese Lösungen entstehen. Ich würde sagen, wir starten direkt. Infos zur Umsetzung solcher und ähnlicher Projekte findet ihr wie immer auf iotusecase.com und in den Show Notes. Viel Spaß bei dieser Folge.
Herzlich willkommen Udo und Falk.
Falk
Hallo.
Udo
Hallo.
Falk, ich fang mal mit dir an. Wie geht’s dir gerade? Wo erreiche ich dich? Wo bist du unterwegs?
Falk
Klassisch, wie es sich gehört, noch im Office. Ich begleite gerade spannende Entwicklungen im Unternehmen und am Markt.
Fantastisch. Ich hab’s gerade schon gesagt, ihr seid aus Oberursel. Was kann man dort Schönes machen? Wie groß ist der Standort? Was gibt’s in der Region?
Falk
Das ist eine gute Frage. Ich bin ja ursprünglich aus München. Und weil ich dem Unternehmen so verbunden bin, habe ich meinen beruflichen Mittelpunkt jetzt hier in Oberursel gewählt. Das Schöne an Oberursel ist die Nähe zu Mainz, Wiesbaden und Frankfurt, so möchte ich es mal sagen. Es ist aktuell erst mal eine Zwischenlösung. Wir sind derzeit knapp 45 Mitarbeiter.
Sehr gut. Ich bin gespannt, mehr zu AIRCO zu erfahren. Aber schon mal liebe Grüße nach Hessen an der Stelle und natürlich auch an alle, die gerade zuhören. Schön, dass ihr mit dabei seid. Udo, wie geht’s dir gerade? Du bist wahrscheinlich nicht dort, du bist woanders, oder? Wo bist du gerade? Und wie geht’s dir?
Udo
Mir geht es auch ganz gut. Das Wochenende steht kurz bevor. Ich bin gerade in Bamberg, wo ich meinen Lebensmittelpunkt habe. Ich pendle in meiner Rolle zwischen Bamberg und Wuppertal, wo die EXOR Deutschland GmbH ihren Hauptsitz hat, und Verona in Italien, unserem Mutterunternehmen. Die sitzen in Norditalien. Ich sitze strategisch ganz gut in der Mitte.
Fantastisch. Man muss vielleicht auch ein bisschen einordnen: Viele kennen EXOR wahrscheinlich daher, dass ihr seit einem halben Jahrhundert Lösungen im Bereich HMI, Steuerung und mittlerweile auch IoT entwickelt. Euer Headquarter sitzt also in Verona, richtig?
Udo
Richtig, ja. Auch schon immer tatsächlich. Wie du sagst, wir sind bekannt aus dem Bereich Hardware seit über 50 Jahren und haben uns in den letzten 10 bis 15 Jahren stark in Richtung Software und IoT weiterentwickelt.
Ist Verona nicht sogar ein UNESCO-Welterbe? Ich war einmal dort, glaube ich, in der Region. Wahrscheinlich auch unternehmerisch eine spannende Region, um dort ansässig zu sein, oder?
Udo
Ja, absolut. Das ist eine richtig schöne Ecke da. Verona ist ein Weltkulturerbe, genau wie auch Bamberg, wo ich ursprünglich herkomme. Deshalb fühle ich mich dort sehr heimisch. Und falls du noch nie in Verona warst – die Einladung steht. Komm gerne vorbei und schau es dir an.
Sehr schön. Auch an euch, die ihr zuhört – vielleicht machen wir mal einen Termin und schauen uns das gemeinsam an. Verona liegt ja zwischen Mailand, Venedig und Bologna, eine Region, in der viele auch Urlaub machen. Gleichzeitig gibt es dort aber auch viel Maschinenbau, Automotive, Zulieferer, Radar – eine spannende Gegend. Jetzt mal die Frage zum Einstieg: Wie kommt es eigentlich, dass ihr beide heute hier sitzt? Gibt es da eine persönliche Kennenlerngeschichte zwischen euren Unternehmen?
Wie kam es dazu, dass ihr beide heute bei mir im Podcast seid?
Udo
Wir hatten fast eine gemeinsame Historie, haben uns aber um etwa ein halbes Jahr verpasst. Falk kennt sowohl AIRCO als auch EXOR von beiden Seiten. Ich kenne nur EXOR und habe AIRCO über Falk kennengelernt, als ich mich dann vertrieblich um AIRCO gekümmert habe.
Okay, macht Sinn. Vielleicht müssen wir auch noch ein bisschen erklären, was AIRCO eigentlich genau macht. Ich habe natürlich vorab ein wenig recherchiert, was ihr online so schreibt. Vielleicht zuerst noch kurz zu dir, Falk, und dann zu AIRCO . Du bist bei AIRCO Systems für Produktmanagement und Service verantwortlich, bringst über ein Jahrzehnt Industrieerfahrung mit, insbesondere im Bereich Druckluft und Gaserzeugung – ein spannendes Feld. Und jetzt geht es zunehmend um digitale Themen, Smart Services, Predictive Maintenance. Darüber wollen wir gleich sprechen. Kannst du uns einmal kurz abholen, was gerade in eurem Markt passiert und was AIRCO bzw. AIRCO Systems genau macht?
Falk
Gerne. Die AIRCO Systems ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen mit – wie vorhin schon angesprochen – knapp 45 Mitarbeitenden. Im Bereich der Stickstoffeigenerzeugung, vor allem im Segment Laseranwendungen, sind wir Weltmarktführer. Wenn man das auf das gesamte Unternehmen herunterbricht, sehe ich uns als Innovationsträger und Treiber für industrielle Entwicklungen, weil wir schon sehr früh auf das Thema Digitalisierung gesetzt haben. AIRCO war eines der ersten Unternehmen im Bereich der Stickstoffeigenerzeugung, das Pay-per-Use anbieten wollte. Das bedeutet: Der Kunde bezahlt nur für den erzeugten Kubikmeter Stickstoff. Das war etwa 2015 – also vor rund zehn Jahren. Damals hat sich dieses Modell nicht durchgesetzt, weil die technischen Tools dafür noch nicht vorhanden waren.
AIRCO war auch eines der ersten Unternehmen, das seinen Service digitalisiert hat. Wir hatten damals schon Cloud-Anwendungen, mit denen wir weltweit Anlagen vernetzen konnten, und damit deutlich schnellere Reaktionszeiten ermöglichten. Das ging schon stark in Richtung Predictive Maintenance. Wir haben das Industrial Internet of Things also sehr früh umgesetzt. Ich würde sagen, wir waren damals echte Vorreiter – allerdings war der Markt noch nicht bereit. Die Lösungen waren schon in der Schublade, aber der Markt musste erst überzeugt werden.
Ja, interessant. Wir können das heute mal ein bisschen in die Praxis übersetzen – was Predictive Maintenance und die anderen Themen für euch konkret bedeuten. Nur mal kurz zur Einordnung für die Zuhörer: Du hast gerade von Laser-Applikationen gesprochen. Kannst du kurz erklären, wie das Thema Stickstofferzeugung mit euren Kunden und deren Laseranwendungen zusammenhängt? Einfach zur Orientierung für die, die nicht aus der Branche kommen.
Falk
Genau. Man muss dazu sagen, dass AIRCO mit dieser besagten Laser-Applikation groß geworden ist. Wir haben gemeinsam mit unseren Kunden den Sprung vom reinen Servicedienstleister im Druckluftbereich hin zu einem ernst zu nehmenden Maschinenbauer geschafft. Heute stellen wir uns breiter auf. Es geht nicht mehr nur um Laseranwendungen mit Mitteldruck, also etwa 30 Bar Stickstoffversorgung. Wir wollen eigentlich jeden Markt bedienen, in dem Stickstoff als Schutzgas eingesetzt wird. Für diejenigen, die damit noch keine Berührung hatten: Ich erkläre das gern mit einer Bierflasche – wenn man den Kronkorken öffnet, ist oben ein Schutzgas drin, in der Regel Stickstoff. Auch wenn man eine Chipstüte aufmacht, ist dort Stickstoff enthalten. Warum? Weil Sauerstoff ein extrem aggressives Gas ist, das Veränderungen am Produkt hervorruft. Egal ob in der Lebensmittelbranche oder in der Elektronik – zum Beispiel beim Löten, wo man Kraterbildung verhindern will – es geht immer darum, den Sauerstoff zu verdrängen, um unerwünschte Reaktionen zu vermeiden.
Ja, macht Sinn. Damit kann wahrscheinlich jeder etwas anfangen. Wie muss man sich das jetzt im Bereich eurer digitalen Services vorstellen? Sind es genau diese Anlagen, die ihr vernetzt, um Daten zu erheben und daraus Mehrwerte zu generieren? Oder was steckt genau dahinter?
Falk
Genau das, was du gesagt hast. Ich glaube, als Maschinenbauer musst du dich heute darüber definieren, welchen Mehrwert deine Anlage über die reine Funktion hinaus bietet. Stickstofferzeugungsanlagen werden auch von anderen Herstellern angeboten und sind technisch oft ähnlich aufgebaut. Der entscheidende Unterschied entsteht über die Steuerung und den digitalen Mehrwert, den du deinen Kunden bieten kannst. Dafür brauchst du die Vernetzung der Anlagen. Nur so kannst du Abhängigkeiten herstellen und aktuelle Themen wie erneuerbare Energien oder CO₂-Einsparung sinnvoll adressieren. Dafür brauchst du ein belastbares digitales Tool.
Ja, total. Vielleicht eine letzte Frage dazu: Was sind denn typische Daten, die eure Anlagen liefern können? Ich will jetzt nicht zu tief in die Prozessparameter gehen, aber was lässt sich da grundsätzlich erfassen? Welche Informationen bekommt man aus so einer Anlage?
Falk
Wie du schon sagst – Schwellwerte, Informationen über den Reinheitsgrad, die für die Qualitätssicherung wichtig sind. Wann läuft die Anlage, wie läuft sie, wie viel Energie wird verbraucht, wie sieht das Produktbild aus. Solche Informationen brauchst du, um nicht nur die eigene Anlage zu betrachten, sondern den gesamten Produktionsprozess so effizient wie möglich zu gestalten.
Ja, ich wollte gerade sagen – eure Kunden haben diese Anlagen ja wahrscheinlich im laufenden Betrieb. Wenn wir bei der Bierflasche bleiben – ich weiß nicht, ob das direkt eure Kunden sind – aber im Grunde sind das produzierende Betriebe, die bestimmte Bedingungen sicherstellen müssen. Das heißt, eure Anlage ist vermutlich nur eine von mehreren innerhalb eines vor- oder nachgelagerten Prozesses, oder?
Falk
Genau.
Okay, dann lass uns mal ein bisschen in euer gemeinsames Projekt eintauchen, um das besser einzuordnen. Kannst du kurz erklären, worum es dabei konkret geht? Du hast bereits angesprochen, dass es zum Beispiel um Reinheitsgrade oder Schwellwerte geht und von Mehrwerten für eure Kunden gesprochen. Was genau ist dieses Digitalisierungsprojekt, das ihr gemeinsam umgesetzt habt?
Falk
Wir arbeiten aktuell mit EXOR an zwei Projektsträngen. Der erste betrifft unseren gesamten Serviceprozess. Ziel ist es, diesen deutlich effizienter aufzustellen. Das funktioniert aber nur, wenn ich in Echtzeit Informationen von der Anlage bekomme, etwa wenn etwas außerhalb des Normbereichs läuft. Dafür brauche ich aktive Rückmeldungen, damit ich dem Kunden Sicherheit geben kann – zum Beispiel, dass wir schnell vor Ort sind oder Störungen frühzeitig reduzieren können.
Das zweite Projekt dreht sich um das Thema Energiemanagementsystem. Wie du eingangs gesagt hast – unsere Anlage ist nur ein kleiner Teil der gesamten Produktionskette. Uns ist aber wichtig, diese komplette Kette zu betrachten, insbesondere im Hinblick auf die Energieaufnahme. Es geht darum, diese Energieflüsse in Relation zu Energiequellen – meist erneuerbare wie Wind oder Photovoltaik – zu setzen. Ziel ist es, bestimmte Verbraucher zu- oder abzuschalten, wenn die Energieverfügbarkeit sich ändert. Das ist die große Herausforderung. So wird aus einer Maschine plötzlich ein aktiver Baustein für Energiespeicherung oder Ressourcenschonung. Und dadurch entsteht auch eine ganz neue Story fürs Marketing.
Okay, vielleicht noch eine Anschlussfrage dazu. Wie machen das eure Kunden heute eigentlich ohne solche digitalen Services? Läuft das dann wirklich komplett ohne Überwachung? Oder ist das eher ein manueller Prozess? Wie sieht das in der Praxis aus, wenn ihr mit Kunden sprecht, die bisher keine digitale Lösung haben?
Falk
Genau so, wie du sagst. Entweder wird alles händisch gemacht oder man lässt die Anlagen einfach laufen. Besonders in der heutigen Zeit, in der man nachweisen muss, dass man CO₂-neutral produziert – das setzt sich zunehmend in der Industrie durch. Ich hatte das eingangs auch schon kurz mit Udo angesprochen: Es ist wie bei der E-Mobilität, wo man versucht, seinen CO₂-Footprint zu reduzieren. Genau das gilt auch für die Industrie. Wir müssen belegen können, dass wir CO₂-neutralen Stickstoff erzeugen – und das gelingt sehr gut über die eigene Erzeugung. Damit geben wir unseren Kunden einen echten Mehrwert. Das sind die Use Cases, die wir dann auch automatisieren.
Da würde ich auch gleich noch mal nachfragen – wie kommt man eigentlich zu dieser CO₂-neutralen Stickstoffproduktion? Und warum ist das für viele eurer Kunden bisher schwierig umzusetzen?
Udo
Ich finde das sehr spannend und genau das macht die Zusammenarbeit mit AIRCO so interessant. AIRCO ist hier wirklich einen Schritt voraus. Viele Prozesse werden digitalisiert und nicht mehr manuell erfasst. Wir selbst haben diesen Weg auch schon vor fünf, sechs Jahren begonnen und dann vor etwa vier, fünf Jahren ausgerollt. Das hat uns viele Optimierungsmöglichkeiten eröffnet – sowohl bei den Prozessen als auch beim Ressourceneinsatz. Die Energiepreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen, aktuell stabilisiert es sich ein wenig. Wir hatten es im Vorgespräch auch kurz angesprochen: Viele hoffen auf günstigere Energiepreise, statt sich aktiv zu fragen, wo und wie sie eigentlich Energie einsparen können. Genau das macht die Diskussionen mit AIRCO so spannend – weil wir da vom Mindset her sehr ähnlich ticken.
Okay. Und wenn du sagst „selber“, meinst du eure eigene Produktion – also dass ihr da ähnliche Herausforderungen habt oder ähnliche Themen bei euch seht?
Udo
Ja, genau. Es geht generell darum, die Effizienz zu steigern – sowohl bei natürlichen als auch bei personellen Ressourcen. Beides ist knapp. Jeder möchte im Markt wachsen und muss dafür den Ressourceneinsatz bestmöglich planen. Bei uns bedeutet das zum Beispiel, dass wir den Produktfluss neu strukturieren und Prozesse optimieren, um aus dem Bestehenden möglichst viel herauszuholen.
Man muss an der Stelle auch mal hervorheben, dass ihr intern sehr viel Know-how aufgebaut habt. Ihr produziert ja nicht nur selbst, sondern könnt auch aus den eigenen Projekten lernen und dieses Wissen wiederum in Kundenprojekte einbringen. Viele wissen vielleicht gar nicht, dass ihr nicht einfach nur klassische Automatisierer seid, sondern eben auch eure eigenen Komponenten produziert.
Udo
Ja genau, alles basiert auf unserer eigenen Hard- und Software. Wir setzen für unsere eigene Produktion die gleiche Technologie ein, wie sie AIRCO in seinen Anlagen nutzt. Teilweise sind es sogar exakt die gleichen Produktfamilien – dieselbe Hard- und Software. Das bedeutet: Wenn etwas nicht funktioniert oder optimiert werden kann – um es positiv zu formulieren – dann spüren wir das als Erste. Unsere eigene Produktion ist also eine Art Spielwiese für uns.
Interessant. Dann lasst uns doch noch etwas tiefer in euer gemeinsames Projekt eintauchen. Vielleicht noch eine ganz grundsätzliche Frage: Was verlieren eure Kunden eigentlich heute – überspitzt gesagt – an Zeit und Geld, weil sie diese digitalen Services noch nicht nutzen? Gibt es aus euren Kundengesprächen konkrete Learnings oder Best Practices, wo ihr sagt: Das geht doch eigentlich viel einfacher oder digitaler?
Falk
Ja, wenn du mich fragst, was unsere Kunden verlieren, dann ist das ganz klar: Geld. Alles wird teurer, und irgendwo muss dieses Geld ja herkommen – aber es wird oft einfach mit vollen Händen zum Fenster rausgeworfen. Ein kurzes Beispiel: Wenn ich eine Anlage, egal welcher Art, nicht digital im Service angebunden habe, kann das im schlimmsten Fall zu Stillstandszeiten führen. Mit einer digitalen Lösung, also wenn ich auf der anderen Seite jemanden hätte, der remote direkt unterstützen kann, wäre das vielleicht eine Sache von zwölf Stunden. Ohne Digitalisierung – mit Fehleranalyse, Ersatzteilbeschaffung und allem, was dazugehört – dauert das dann schnell zwei bis drei Tage.
Das kann sich jeder selbst ausrechnen, was ein Produktionsstillstand von zwei oder drei Tagen bedeutet. Da geht es nicht nur um entgangene Produktionsmenge, sondern auch um Mitarbeiterausfall, Lieferschwierigkeiten, Stress beim Kunden. Solche Probleme kannst du durch Digitalisierung deutlich schneller und besser in den Griff bekommen. Aber das muss man eben auch erstmal verstehen. Und ich finde, der Markt hat sich da stark gedreht. Genau das macht es momentan so spannend. Denn viele Unternehmen haben Ideen – und Udo und ich sagen dann oft: Die Lösung gibt es längst. Wir müssen nur miteinander reden.
Ja, genau – gutes Stichwort: miteinander reden. Wenn ihr jetzt zuhört und denkt, dass ihr ähnliche Herausforderungen im Betrieb habt, auch wenn es nicht direkt um eine Stickstoffanlage geht, dann schaut gerne in die Show Notes. Ich packe eure Kontakte mit rein – vernetzt euch einfach zum Austausch, vielleicht entstehen ja neue Ideen oder Wege, wie man so etwas besser angehen kann.
Ich hätte noch eine Rückfrage: Du hast vorhin über Remote Monitoring und den Service Case gesprochen. Gibt es denn auch im Bereich der smarten Stickstoffproduktion zusätzliche Mehrwerte, wenn man solche Daten hebt? Du hattest ja vorhin Reinheitsgrade erwähnt. Ist das nicht auch eine Chance, daraus Services zu entwickeln? Ihr kennt ja eure Anlagen und Prozesse sehr genau. Gehört das auch mit dazu?
Falk
Die Reinheit unterscheidet sich je nach Applikation. Da kann man digital nicht viel eingreifen, weil das eine feste Vorgabe ist. Was du aber machen kannst: Wenn du mit Speichermedien für das produzierte Gas arbeitest und dann produzierst, während du CO₂-neutral bist – also wenn du die Anlage mit erneuerbaren Energien betreibst – dann ist deine Stickstoffanlage plötzlich der beste Energiespeicher der Welt. Das Medium muss ohnehin erzeugt werden. Wenn du das mit Eigenerzeugung machst, reduzierst du nicht nur die Stromaufnahme, sondern verhinderst auch Stromspitzen. Und genau das ist ein großer Vorteil: Auf der einen Seite kannst du fast kostenneutral arbeiten, auf der anderen Seite ist die Industrie zunehmend daran interessiert, Stromspitzen zu vermeiden. Und das kannst du durch Digitalisierung sehr gut abbilden, indem du bestimmte Verbraucher gezielt zu- oder abschaltest.
Udo, du bist ja jetzt als General Manager bei EXOR Deutschland unterwegs, mit über 20 Jahren Erfahrung in Automatisierung und Steuerung – und jetzt auch im Bereich IoT. Kennst du solche oder ähnliche Herausforderungen auch von anderen Kunden? Ich frage vor allem vor dem Hintergrund, dass sich EXOR stark in Richtung Digitalisierung entwickelt. Ihr habt da ja ein umfangreiches Angebot aufgebaut. Was passiert da gerade in eurem Markt? Sind das typische neue Herausforderungen oder siehst du noch andere Themen, die auf eure Kunden zukommen?
Udo
Das sind auf jeden Fall Herausforderungen, wie Falk sie auch genannt hat. Hier geht’s um Stickstoff, bei uns um Komponenten, bei anderen wieder um Themen wie E-Mobility oder Schnellladestationen. Auch dort laufen sehr viele Daten zusammen, die getrackt werden müssen. Da gibt es dann zusätzliche Anforderungen wie das Eichrecht oder das Thema Cybersecurity, das immer wichtiger wird.
Und gerade mit meinem Hintergrund – du hast es angesprochen – ich bin seit über 20 Jahren in der Branche, aber eben kein klassisch ausgebildeter Elektrotechniker oder Automatisierungstechniker. Ich komme aus der Betriebswirtschaft, kann also gut mit Zahlen umgehen und habe eine andere Perspektive auf die Herausforderungen. Ich betrachte das eher aus der Helikopterperspektive und verstehe die Sorgen und Nöte aus einer unternehmerischen Sicht. Das ist manchmal ein anderer Zugang als etwa bei einem Entwickler, der immer die technisch beste Lösung im Kopf hat. Aber die Frage ist ja: Hilft diese Lösung wirklich dem Unternehmen weiter?
Okay, ich würde gleich auch noch mal auf euer Portfolio eingehen – das ist super spannend, was ihr mit EXOR macht. Ihr habt ja eine eigene technologische Plattform entwickelt, und ich würde gern darüber sprechen, wie ihr das konkret umgesetzt habt. Aber vorher noch eine letzte Frage in Richtung technologische Herausforderungen: Gab es in diesem Projekt bestimmte Hürden, bei denen ihr gemerkt habt, dass es gar nicht so einfach ist, eine Anlage zu integrieren? Stichwort Retrofit oder Datenschnittstellen – war das für euch eher unkompliziert oder gab es da technische Stolpersteine? Ich hatte vorhin mitgenommen, dass eure Anlagen weltweit im Einsatz sind. Was waren da so die Herausforderungen, bei denen ihr eventuell gesagt habt: Da holen wir besser einen Partner mit ins Boot?
Falk
Ich will jetzt keine Schleichwerbung machen, aber hätten wir nicht die Philosophie von EXOR, die sich mit unserer sehr gut deckt, hätten wir wirklich Probleme gehabt. Die Hauptproblematik liegt darin, dass nahezu jeder Hersteller sein eigenes Protokoll verwendet. Ich erkläre das meinen Kunden gern so: Alle sprechen eine Sprache, aber eben mit unterschiedlichem Dialekt. Der eine klingt wie ein Kölner, der andere wie ein Bayer – das geht vielleicht noch. Aber dann hast du auch Mandarin, Englisch und Deutsch – und diese Sprachvielfalt musst du irgendwie zusammenbringen. Das ist eine echte Herausforderung. Und genau an diesem Punkt setzen EXOR und auch AIRCO an. Unsere Philosophie ist: Es ist egal, welche Sprache du sprichst – wir haben ein Tool, das alles übersetzt und vereinheitlicht.
Ob es jetzt Modbus TCP, Modbus RTU, ABB oder – ohne jetzt Namen zu nennen – Siemens ist: Genau das ist die Realität unserer Kunden. Unsere Haltung ist: Alles muss vernetzbar sein. Und wenn es noch keine Lösung gibt, finden wir eine. Und das Ganze muss preislich attraktiv sein. Denn Digitalisierung darf nicht teuer sein.
Udo, wie siehst du das? Auch mit Blick auf Synergien aus eurer Partnerschaft. Ihr habt diese Herausforderung ja auch intern – jetzt bietet ihr die Lösung am Markt an. Wie schätzt du das Thema Connectivity ein? Ist das für euch nach wie vor eine Herausforderung oder seid ihr mit eurem Angebot da schon gut aufgestellt?
Udo
Das war keine Schleichwerbung, sondern einfach die Wahrheit, was Falk gesagt hat. Ich sehe das genauso. Für uns ist das Thema eigentlich – auch wenn ich das Wort nicht mag – keine Herausforderung, weil wir über 200 Protokolle unterstützen. Das ist einer der zentralen Daseinsberechtigungen unserer Software: diese umfassende Connectivity. Eine neue Anlage auf der grünen Wiese aufzubauen – das kann fast jeder, und das wird auch mit vielen anderen Systemen funktionieren. Aber wenn wir uns im IoT-Bereich das Brownfield anschauen, also Bestandsanlagen aus allen Teilen der Welt, mit verschiedensten Steuerungssystemen und Protokollen – die zusammenzubringen, ist für viele Unternehmen eine riesige Herausforderung.
Du hattest es ja auch schon erwähnt: Unsere FEP basiert auf unserer eigenen Technologie mit unseren eigenen Komponenten. Vor zwei Jahren haben wir am Factory Innovation Award teilgenommen – für die digitale Transformation der Fabrik. Da waren auch Bewerber wie das Fraunhofer-Institut dabei. Wir haben einen Sonderpreis für Interoperabilität erhalten – wegen unserer Software und der Vielzahl an unterstützten Protokollen. Und nochmal: Auf der grünen Wiese ist das alles einfach – aber das ist nicht der reale Use Case. Was wir im Markt sehen, ist die Herausforderung, mit bestehenden Anlagen zu kommunizieren und Daten aus allen Ecken der Produktion zusammenzuführen, entweder ins Edge oder direkt in die Cloud zu bringen. Und da sind wir wirklich gut aufgestellt. Für uns ist das spannend, aber keine Herausforderung.
Ich packe diesen Award einfach mal mit in die Show Notes. Da könnt ihr auch nochmal nachlesen, was damals als Best Practice ausgezeichnet wurde.
Zum Abschluss würde mich noch interessieren: Gibt es aus eurer Erfahrung trotzdem typische Fallstricke oder Best Practices, auf die man achten sollte, wenn man solche Projekte umsetzt? Ihr arbeitet ja jetzt schon eine ganze Weile zusammen.
Aber bevor wir darauf eingehen – mich interessiert erstmal eure Lösung. Udo, du hast gerade schon von eurer technologischen Plattform gesprochen. Wenn ich das richtig verstanden habe, liefert ihr eine Plattformlösung – inklusive eigener Edge Controller. Ihr kommt ja ursprünglich aus dem Hardware-Bereich und habt darauf aufbauend eine Plattform geschaffen, die ich als X Plattform kenne – also mit dem großen „X“. Darüber lassen sich Daten verarbeiten, Fernzugriff einrichten, Integrationen realisieren und unterschiedliche Visualisierungen umsetzen. Ist das erstmal grob richtig eingeordnet?
Udo
Ja, ganz grob eingeordnet ist das richtig. Unsere X Plattform hat sich über die Jahre stark weiterentwickelt – nicht nur bei uns, aber wir nennen sie tatsächlich schon seit über zehn Jahren so. Es handelt sich um eine Plattform, die nicht nur aus verschiedenen Software-Tools besteht, sondern bei der auch die Hardware mit dazugehört. Und das Entscheidende ist: Es ist eine wirklich offene Plattform. Wir haben ja vorhin über die vielen unterstützten Protokolle gesprochen – genau das macht den Unterschied.
Du kannst mit unserer Plattform alles realisieren, von einem kleinen 4,3-Zoll-Webpanel bis hin zu einer vollständigen IoT-Applikation. Aber du musst nicht alles aus unserem Haus nutzen. Dank der Interoperabilität ist auch Cherry-Picking möglich. Du kannst dir genau die Komponenten herausnehmen, die du brauchst.
Wenn ich jetzt die Brücke zu AIRCO schlage: AIRCO nutzt unsere Hardware, unsere VPN-Lösung, die Soft-PLC, die Visualisierung und auch die eigentliche IoT-Plattform für das Datenhandling. Für uns ist AIRCO ein absoluter Musterkunde, der fast die gesamte Plattform nutzt. Aber du kannst genauso gut auch nur die IoT-Plattform oder nur die Hardware verwenden – genau diese Flexibilität zeichnet uns aus.
Sehr schön. Falk, wie sieht das in der Praxis aus? Wie setzt ihr das konkret für euch und eure Kunden um? Ganz pragmatisch gesprochen: Ihr habt eure Stickstoffanlagen draußen im Feld – wie bindet ihr die konkret mit der Hardware an? Kannst du das etwas näher erläutern?
Falk
Eigentlich ist das ganz einfach. Wir hatten ja schon gesagt: Die Stickstoffanlage allein funktioniert nicht. Du brauchst einen Drucklufterzeuger davor, du brauchst nachgeschaltete Systeme. Wir gehen so vor, dass wir in der kleineren Lösung alles über unsere SPS laufen lassen. Wir führen die Daten zusammen und lassen schon eine erste Logik über die Steuerung laufen. Wenn es dann weitergeht – etwa in Richtung Auswertung, Energiemanagement oder Produktionseffizienz, also all die Herausforderungen, die jeder in seiner Produktion hat – vernetzen wir das Ganze, schicken die Daten in die Cloud. Und das Schöne an der Cloud ist: Du kannst extrem individualisieren. Egal wie „abgedreht“ – wie ich es immer nenne – deine Herausforderung ist, du bekommst dafür eine Lösung.
EXOR geht sogar so weit, dass sie dir schon fertige Use Cases und Applikationen für wiederkehrende Herausforderungen bereitstellen. Sie nehmen dich also ein Stück weit an die Hand und zeigen dir, wie sie bestimmte Dinge umsetzen würden. Aber klar ist: Jede Produktion ist individuell. Also sage ich: Gib mir deine spezifischen Pain Points – und dann arbeiten wir genau damit weiter. Diese Offenheit und Flexibilität war übrigens auch ein Grund, warum wir uns entschieden haben, komplett auf diese Lösung zu setzen. Wir sind kreativ, und wir brauchen einen Partner, der das mitträgt.
Okay. Und ihr nutzt dann also die IoT-Plattform – in dem Fall die X Plattform – und setzt eure eigenen Service-Use-Cases darauf um. Das Ganze ist dann White Label, das heißt, da steht dick AIRCO drauf?
Falk
Genau. Und es geht sogar noch weiter: Wir haben auch OEM-Partner, die das System ebenfalls nutzen – und die bekommen es dann ebenfalls unter eigenem Label. Das ist heute einfach wichtig. Ich will meinen Namen sichtbar haben, weil ich mich über diesen Namen im Markt positioniere. Und da wäre es natürlich störend, wenn da EXOR oder AIRCO steht.
Klar, macht Sinn. Und vielleicht zum Abschluss noch einmal der Bogen zurück zum Anfang: Du hattest über CO₂-Neutralität gesprochen. Wie setzt ihr solche Themen konkret um – hat das einen direkten Zusammenhang mit den Use Cases, die ihr für euch und eure Kunden löst?
Falk
Das ist übrigens ein wunderschönes Beispiel: Wie kann ich nachweisen, dass ich CO₂-neutral produziere? Am Ende geht es darum, woher die Energie kommt. Ist sie CO₂-neutral, dann produziere ich auch CO₂-neutral. In unserem Fachbereich vergleiche ich das mit der CO₂-Bilanz des Gaslieferanten – da gibt es einen festen Wert. Ich bekomme ein CO₂-Footprint-Zertifikat, und dem stelle ich meinen eigenen, idealerweise neutralen, Wert gegenüber. Daraus ergibt sich dann die Einsparung.
Aber das funktioniert nur, wenn ich meine Energieaufnahme permanent tracke. Am Monatsende stelle ich dem Kunden dann eine geschlossene, dokumentierte Übersicht zur Verfügung – meist als PDF. Und genau solche scheinbaren Kleinigkeiten machen den Unterschied im Vergleich zu anderen Lösungen am Markt.
Okay. Und spielt bei dem Thema auch der Vergleich zwischen Eigenproduktion und klassischem Flaschengas oder Tankversorgung eine Rolle?
Falk
Ja, genau das sind die Vorteile, die du hast. Du versorgst dich selbst, bist unabhängig von Lieferanten und von stark schwankenden Marktpreisen. Du hast keine Ausfälle in der Versorgung – und, das ist der größte Punkt: Du bist CO₂-neutral oder reduzierst zumindest deinen CO₂-Footprint, wenn du mit erneuerbaren Energien arbeitest. So funktioniert das.
Sehr schön. Wenn ihr jetzt zuhört und denkt: Darüber sollten wir mal sprechen – ich hab’s vorhin schon gesagt, wir haben bei uns eine eigene Community. Kommt gern dazu. Herzliche Einladung auch an dich, Falk, dich mit anderen Anwendern auszutauschen. Genau solche Themen bewegen viele: Wie löst man das? Was sind Best Practices? Also kommt gerne rein in die Community oder sprecht direkt mit Falk und Udo.
Wir können hier im Podcast natürlich nicht alles vertiefen – viele von euch haben ja individuelle Fragen. Nutzt gern die Möglichkeit.
Habt ihr Best Practices, wo ihr sagt: Achtet unbedingt auf bestimmte Dinge – sei es bei der Hardware-Integration oder in der IT? Dinge, bei denen man sich eine zweite Iteration sparen kann? Das werde ich nämlich immer gefragt.
Udo
Ich hätte da einen Punkt. Wir kommen ja gerade aus einer Komponentenkrise, besonders was Halbleiter betrifft. Und es sieht so aus, als würde sich das wieder verschärfen. Was die Zusammenarbeit mit AIRCO für uns wirklich ausgezeichnet hat, war die offene Kommunikation – und gleichzeitig der Wille, sich ein Stück weit unabhängiger von Hardware zu machen. Denn Softwareverfügbarkeit ist meist gewährleistet – unsere Stromnetze und Internetverbindungen sind stabil. Aber wenn ein Produkt nicht lieferfähig ist, nur wegen eines kleinen Teils für drei Euro, stellt sich die Frage: Wie kann ich trotzdem weitermachen?
Das war ein echter Stolperstein, über den wir viel gesprochen haben. Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, Hardware-Familien flexibel zu halten und Zwischenlösungen zu ermöglichen, bis sich die Lage entspannt. Genau deshalb wird der Softwareanteil bei uns immer wichtiger. Wir kommen zwar ursprünglich aus der Hardware, aber wir entwickeln uns immer stärker in Richtung Software, weil dort langfristig der größte Mehrwert entsteht – und weil wir dadurch unabhängiger werden.
Falk
Einen Punkt habe ich auch noch. Oft fragen wir: Was kann schiefgehen? Aber vielleicht sollten wir eher fragen: Was wird danach eigentlich viel besser? Was ich beobachtet habe: Viele denken am Anfang zu groß. Man hat das große Ganze im Kopf, denkt schon an das perfekte Endbild. Was ich wirklich jedem empfehlen kann – und so gehen wir das Thema auch an – ist: Mach dir selbst Gedanken, wie es für dich ideal laufen sollte. Definiere einen kleinsten Einstiegspunkt. Wähle diesen Punkt aber so, dass er später skalierbar ist, also dass du darauf aufbauen kannst. Dann wird’s gut.
Und wenn man sich mal etwas verrennt – das ist kein Problem, das lässt sich alles korrigieren. Aber entscheidend ist: Geh erst in dich selbst. Überlege dir, wie deine Produktion ablaufen soll. Und such dir dann einen Partner, der diesen Weg mit dir geht. Das ist aus meiner Sicht der wichtigste Tipp. Lass dir nicht vorschreiben, wie du es machen musst – du bist individuell. Jede Produktion ist anders. Jede Anforderung ist einzigartig. Und wir als Lösungsanbieter, Dienstleister und Hersteller müssen in der Lage sein, unsere Kunden dabei mitzunehmen. Dann wird das richtig groß. Und dann wird’s auch gut.
Ich hätte noch eine Community-Frage, die häufig kommt – es geht um das Thema Change Management. Wie geht ihr eigentlich damit um, wenn ihr mit euren Kunden über solche digitalen Lösungen sprecht? Ihr kommt ja aus einem bestehenden Geschäft, und plötzlich stehen Datenthemen im Raum. Gibt es Best Practices, wie ihr diesen Wandel begleitet? Gerade bei Kunden, die vielleicht noch eher traditionell aufgestellt sind und sagen: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Wie nehmt ihr eure Kunden da mit?
Falk
Der Markt ändert sich gerade massiv. Dieses alte Denken – „das haben wir schon immer so gemacht, also machen wir das weiter so“ – funktioniert heute nicht mehr. Vor zwei, drei Jahren hat das nochmal einen großen Schub bekommen. Neue Generationen kommen in die Verantwortung, und die schauen sehr genau hin: Was wurde bisher gemacht? Was muss ich tun, um auch in Zukunft für meine Endverbraucher attraktiv zu bleiben? Deshalb stellt sich weniger die Frage: Muss ich das tun? Sondern eher: Wann fange ich an?
Was ich jedem nur raten kann: Sprecht mit euren Kunden. Sagt offen, dass es neue Möglichkeiten gibt. Aber nicht einfach nur Key Facts herunterrattern. Wirklich gutes Vertriebshandwerk ist gefragt: Den Kunden mitnehmen, vielleicht auch mal herausfordern. Zeig ihm auf, was möglich ist, und welchen konkreten Nutzen das bringt. Aber gib ihm dabei immer das Gefühl, dass es sein Weg ist – seine Entscheidung.
Genau, das ist auch mein Eindruck. Es geht eher darum, wie man das Thema gemeinsam angeht. IoT ist ein breites Feld, da braucht es einen partnerschaftlichen Ansatz, um Schritt für Schritt Lösungen zu entwickeln. Deshalb wollte ich das nochmal ansprechen.
Udo
Ich kann das nur unterschreiben. Man muss es gut erklären – und nicht einfach nur Features präsentieren, sondern über echte Mehrwerte sprechen. Ganz wichtig ist auch, wie Falk schon gesagt hat: Die Einstiegshürde muss so gering wie möglich sein. Einfach mal ein erstes Projekt umsetzen, relativ unkompliziert, mit dem richtigen Support. Und sich dann einen Partner suchen, der auch in der Lage ist, das Ganze zu skalieren.
Das ist entscheidend. Denn wenn man sich – oder auch der Kunde – zu früh in komplexe Strukturen verstrickt, funktioniert es nicht, und der Frust ist groß. Deshalb sollte man es als Anbieter so einfach wie möglich machen. Gerade im Onboarding ist es wichtig, den Kunden eng zu begleiten, damit er den Mehrwert wirklich selbst erlebt. Erzählen kann jeder viel – aber am besten ist es, wenn man konkrete Lösungen auch wirklich umsetzt.
Ja, genau. Und das Thema Pricing kommt bei uns in der Community auch oft auf. Viele fragen sich: Wie setze ich eigentlich den Preis für digitale Services? Was ist mein Kunde bereit zu zahlen, und wofür genau? Gerade bei Themen wie Condition Monitoring – da ist der Mehrwert nicht sofort greifbar, sondern muss gemeinsam erarbeitet werden. Ich glaube, da ist es wichtig, eng mit dem Kunden zusammenzuarbeiten, um eine echte Win-Win-Situation zu schaffen. Falk, wie ist das bei euch? Hattet ihr direkt ein festes Pricing, oder hat sich das über die Zeit entwickelt? Das ist bei vielen ein aktuelles Thema.
Falk
Wir haben da kein festes Pricing. Klar, für den klassischen technischen Support – da gibt’s feste Stundensätze und Pauschalen. Aber wenn es um digitale Services geht, dann gibt es bei uns einen Einstiegspreis. Der Einstieg umfasst erstmal nur die Visualisierung – das kann jeder sofort nachvollziehen. Und dann gehen wir gemeinsam mit dem Kunden Schritt für Schritt durch, was er zusätzlich braucht oder umsetzen möchte. Daraus ergeben sich dann die zusätzlichen Leistungen – in der Regel auf Mannstundenbasis. Und das lässt sich sehr gut und transparent kalkulieren.
Also die Features oder Mehrwerte, die man in Benefits übersetzt, sind dann je nach Kunde unterschiedlich – sehr interessant. Ich hätte natürlich noch viele weitere Fragen, aber ich glaube, sonst sprengen wir heute den Rahmen. Vielleicht zum Abschluss noch eine allerletzte Frage: Wo geht’s bei euch in Zukunft hin? Wenn wir jetzt mal ein oder zwei Jahre in die Zukunft blicken – was kommt da? Geht ihr beim KI-Hype mit? Ist das bei euch schon ein Thema? Woran arbeitet ihr aktuell, Falk – und auch du, Udo, mit Blick auf eure Produkte?
Falk
Bei uns liegt der Fokus ganz klassisch auf Energiemanagement, Effizienz und Produktivitätssteigerung. Das sind die Themen, an denen wir arbeiten. Wo das am Ende genau hinführt, kann ich heute noch nicht sagen – das ergibt sich aus dem Austausch mit unseren Kunden. Unsere Steuerung, unsere Bedieneinheiten, das ganze IoT-Thema – all das ist überhaupt nur entstanden, weil wir mit Kunden gesprochen haben.
Und was das Thema KI oder AI betrifft: Aus meiner Sicht ist das in erster Linie Kundenintelligenz, nicht künstliche Intelligenz. Klar, es wird dann etwas Künstliches daraus – mit Algorithmen und so weiter, das kennen wir. Aber für mich bleibt es dabei: Es geht um das Wissen und die Erfahrung unserer Kunden, die wir technisch nutzbar machen. Und das ist immer individuell.
Udo, möchtest du das noch ergänzen – was kommt bei euch?
Udo
Ja, da bin ich dabei. Der KI-Hype ist natürlich ein großes Thema, das den Rahmen hier völlig sprengen würde. Für uns als Anbieter – auch und gerade von Hardware – ist KI deshalb so relevant, weil sie extrem leistungsfähige Hardware benötigt, um die dahinterliegenden Algorithmen zu betreiben. Und da gilt: Man kann nichts pauschalisieren. Es kommt immer auf den konkreten Use Case an. Jede Anwendung muss individuell betrachtet und die Hardware entsprechend neu ausgelegt werden.
Auch hier gilt, was wir vorhin zur Digitalisierung gesagt haben: Ich brauche Skalierbarkeit. Die Hardware muss anpassbar sein, bestenfalls nachträglich erweiterbar. Oder ich brauche zumindest innerhalb einer Gerätefamilie Optionen, um ohne großen Aufwand einen Hardware-Tausch vornehmen zu können, wenn ich an Leistungsgrenzen stoße.
Wir haben heute, der Zeit geschuldet, ein Thema noch gar nicht angesprochen, das ebenfalls stark hardwaregetrieben ist: Cloud vs. Edge. Gerade im Edge-Bereich ist das ein hochrelevantes Thema – vielleicht machen wir dazu mal eine eigene Folge.
Grundsätzlich gilt: Wir sind im Maschinenbau unterwegs und entwickeln auch für den Maschinenbau. Jedes Projekt, jede Diskussion bringt neue Erkenntnisse. Wir haben alle Technologien selbst in der Hand – sowohl hardware- als auch softwareseitig – und sind in der Lage, schnell auf neue Marktanforderungen zu reagieren. Das ist heute essentiell.
Zum Thema KI: Wir arbeiten bereits damit, testen und probieren aus. Man kann sich dem nicht verschließen – auch mit Blick auf Ressourcen, Fachkräftemangel und mögliche Effizienzgewinne. Am Ende müssen wir Technologien bereitstellen, damit unsere Kunden – die Maschinenbauer – sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
Ja, total. Ich denke auch, zum Thema KI kann man nochmal eine eigene Podcast-Folge machen. Vielen lieben Dank euch beiden – auch für dieses letzte Schlusswort. Wer jetzt Lust hat, weiterzuhören: Ich habe in Folge 178 schon einmal über KI gesprochen, speziell im Kontext von assistenzgestützten Services. Hört da gerne mal rein – vielleicht beim Autofahren, Wäscheaufhängen oder wo auch immer ihr gerade seid.
Für diese Session erstmal vielen lieben Dank, dass ihr heute mit dabei wart. Ich fand es sehr konkret und greifbar – man hat wirklich verstanden, was der konkrete Mehrwert ist, wie der Markt aussieht, und es gab ein tolles Praxisbeispiel. Es war spannend zu sehen, wie AIRCO aufgestellt ist und wie ihr beide – AIRCO und EXOR – an das Thema herangeht.
Damit überlasse ich euch das letzte Wort – wenn ihr mögt, sagt gerne noch ein paar abschließende Worte. Von meiner Seite schon mal ein großes Dankeschön!
Falk
Ich kann mich auch nur bedanken für diesen Austausch und freue mich auf den weiteren Dialog in der Community – wie man bei uns im Norden sagt. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn wir miteinander sprechen, können wir wirklich Großes erreichen. Das soll jetzt kein Wort zum Sonntag sein, sondern eher ein schönes zum Freitagnachmittag. In diesem Sinne: Schönes Wochenende!
Udo
Auch von mir: Es hat riesig Spaß gemacht. Es war eine richtig gute Unterhaltung – ganz ähnlich wie unser persönliches Gespräch vor Kurzem, bei dem wir auch über Technik und die Zukunft gesprochen haben, aus Sicht von Kunden und Lieferanten. Ich lade alle aus der Community herzlich ein, sich mal unsere Fertigung in Verona anzuschauen. Die ist datengestützt, digitalisiert – und es ist einfach spannend, das mal live zu sehen. Und: Die Sonne kommt hier gerade raus – ich wünsche allen ein schönes Wochenende!
Dann euch eine schöne Woche – macht’s gut. Ciao!
Udo
Ciao!
Falk
Tschüss!